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Warum Darmkrebs immer mehr Jüngere trifft

Während die Darmkrebs-Rate bei älteren Menschen dank Früherkennung sinkt, wird bei immer mehr jungen Menschen dieser bösartige Tumor diagnostiziert. Die Wissenschaftswelt steht vor einem Rätsel. Viele geben Fettleibigkeit und Diabetes die Schuld. Ein US-Forschungsteam verfolgt nun jedoch eine andere Spur.

Darmkrebs gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen in Deutschland. Jedes Jahr werden die bösartigen Tumore bei rund 65.000 Menschen diagnostiziert, 25.000 sterben an der Krankheit. Als Hauptrisikofaktor für Darmkrebs gilt das Alter, denn mehr als die Hälfte der Erstdiagnosen werden bei Menschen gestellt, die älter als 70 Jahre sind. Nur etwa 10 Prozent der Krebserkrankungen treten vor dem 55. Lebensjahr auf.

Allerdings geht die Häufigkeit bei den Älteren in den letzten Jahren zurück, wie die Zahlen des deutschen Krebsregisters zeigen. Bei den Jüngeren ist dabei ein gegenteiliger Trend zu beobachten: Bei unter 50-Jährigen nehmen Darmkrebs-Erkrankungen deutlich zu. Und je jünger die Betroffenen sind, desto höher ist der prozentuale Anstieg. So stieg die Häufigkeit der Darmkrebsfälle bei den 20- bis 29-Jährigen zwischen 1990 und 2016 auf fast das Dreifache: von 0,8 auf 2,3 Fälle pro 100.000 Menschen. Gerade im letzten Jahrzehnt beschleunigte sich die Zunahme deutlich. Doch woran liegt das?

Junkfood schadet der Darmflora

Über die genauen Ursachen rätselt die Wissenschaft. Eine große Rolle scheint die Ernährung zu spielen, wie eine Korrelationsstudie vergangenes Jahr zeigte – vor allem der Genuss zuckerhaltiger Getränke in der Jugend. Im Rahmen der „Nurses Health Study II“ wurde die Gesundheit von fast 100.000 Krankenschwestern über mehr als zwei Jahrzehnte beobachtet. Dabei zeigte sich, dass die Frauen, die schon früh im Leben und regelmäßig zuckerhaltige Getränke zu sich nahmen, doppelt so häufig an Darmkrebs erkrankten wie Frauen, die keine oder nur wenige dieser Getränke konsumierten.

Vorangegangene Studien haben bereits gezeigt, dass auch ein hoher Fleischkonsum, Fast Food, Fertiggerichte und alle stark verarbeiteten Lebensmittel der Darmgesundheit schaden – vor allem, wenn sie frische Lebensmittel mit Vitaminen, Antioxidantien und Ballaststoffen vom Speiseplan verdrängen. Ebenso sind Übergewicht, mangelnde Bewegung, Alkoholkonsum und Rauchen klassische Risikofaktoren für Darmkrebs. Gerade Übergewicht und Fettleibigkeit werden bei jungen Menschen immer häufiger.

Ein Team aus US-Forschern verfolgt nun jedoch eine andere Spur. „Fettleibigkeit und Diabetes können die Entwicklung nur teilweise erklären“, heißt es in ihrer Studie, die auf dem aktuellen Kongress der Amerikanischen Gesellschaft für Klinische Onkologie (ASCO) vorgestellt wurde. Viele der Patientinnen und Patienten ernährten sich gesund, liefen sogar Marathon. Auch eine familiäre Vorbelastung schließt das Forschungsteam um den Onkologen Benjamin Weinberg aus. Sie haben daher untersucht, ob möglicherweise eine Infektion mit Bakterien, Viren oder Pilzen Auslöser für die Erkrankung sein könnte.

Bakterien und Pilze im Tumor

„Wir haben Billionen von Bakterien in unserem Körper, auch in unserem Darm, von denen einige in die Entwicklung von Darmkrebs involviert sind. Daher glauben wir, dass das Mikrobiom ein wichtiger Faktor bei der Entstehung der Krankheit sein kann“, sagt Weinberg laut einer Mitteilung. Er und sein Team wollten zunächst herausfinden, ob möglicherweise vermehrt Bakterien, Viren oder Pilze im Darm der unterschiedlichen Altersgruppen nachgewiesen werden können. Dafür sequenzierten sie mikrobielle DNA-Proben aus den Tumoren von 61 Darmkrebspatienten, die bei der Diagnose entweder unter 45 oder über 65 Jahre alt waren.

Das Ergebnis: Überraschenderweise wurde das Bakterium Fusobacterium nucleatum, das das Forschungsteam am ehesten unter Verdacht hatte, Darmkrebs insbesondere bei Jüngeren auszulösen, in beiden Altersgruppen gleich häufig nachgewiesen. Einen Unterschied entdeckten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dagegen bei dem Pilz Cladosporium sphaerospermum, der dreimal häufiger in Tumoren bei jüngeren Darmkrebspatienten nachgewiesen wurde als bei älteren.

Cladosporium sphaerospermum ist ein weit verbreiteter Schimmelpilz. Cladosporium-Pilze kommen bevorzugt in Sumpfgebieten, im Wald und in Gärten vor, da sie gerne auf verfaulten Pflanzen oder Laub wachsen. Außerdem trifft man sie in Gewächshäusern, in schlecht gereinigten Kühlschränken sowie Lebensmitteln und Textilien an. Der Pilz kann bei Menschen und Tieren Abszesse, Hautinfektionen und Allergien hervorrufen. Dass er auch Krebs verursachen kann, ist bislang nicht bekannt.

Überlebenschance dank Früherkennung

Gleichzeitig entdeckte die Forschungsgruppe eine Reihe von Bakterien in den Tumoren der älteren Patienten, die bei den unter 45-Jährigen gar nicht vorkamen. Welchen Einfluss die Bakterien und der Pilz auf die Entstehung von Darmkrebs bei jüngeren Menschen hat, müsse nun genauer untersucht werden, schreiben die Autorinnen und Autoren.

Die Studie habe gezeigt, dass es „signifikante Unterschiede im intratumoralen Mikrobiom zwischen jüngeren und älteren Darmkrebspatienten gibt“, lautet das Fazit der Forschungsgruppe. „Wir glauben, dass es in den 1970er oder 1980er Jahren irgendeine Art von Exposition gab – vielleicht haben alle angefangen, Antibiotika gegen Ohrinfektionen zu nehmen oder sie haben aufgehört zu stillen“, sagt Weinberg. Er und sein Team sind sich sicher: „Irgendetwas ist passiert, in dessen Folge Darmkrebserkrankungen bei der jüngeren Bevölkerung immer weiter ansteigen.“

Darmkrebspatienten haben heute eine hohe Überlebenschance – zumindest, wenn die Tumore früh erkannt und behandelt werden. Bei jungen Menschen werden sie in der Regel allerdings erst diagnostiziert, wenn die Krankheit bereits ein fortgeschrittenes Stadium erreicht hat: Mehr als die Hälfte der unter 50-Jährigen erhält die Diagnose erst im dritten oder vierten Stadium. Die Krebszellen haben sich dann bereits in umliegendes Gewebe ausgebreitet oder sogar Metastasen gebildet. Problematisch ist vor allem, dass die Krankenkassen in Deutschland die Kosten für Vorsorgeuntersuchungen oft erst für Menschen ab 50 übernehmen.

Wie lässt sich das Risiko von Darmkrebs verringern?

  • Eine ballaststoffreiche Ernährung mit viel Obst und Gemüse, wenig Fleisch, ohne verarbeitete Lebensmittel und mit wenig Zucker halten das Darmmikrobiom im gesunden Gleichgewicht.
  • Körperliche Aktivität kann den Darm vor der Entwicklung von Tumoren schützen. Studien haben ergeben, dass bereits 30 bis 60 Minuten Bewegung am Tag das Risiko für Darmkrebs erheblich senken kann.
  • Man sollte das Rauchen aufgeben – oder erst gar nicht damit anfangen .
  • Ärzte raten dringen dazu, Vorsorgeangebote nicht zu versäumen. Bei Fällen von Darmkrebs in der Familie sollte man auch schon in jungen Jahren eine Darmspiegelung einfordern.
  • Zudem ist es wichtig, aufmerksam in Bezug auf körperliche Veränderungen zu sein, auf Symptome wie Stuhlveränderungen zu achten und zeitnah zu reagieren.
  • Blut im Stuhl sollte nicht einfach auf Hämorrhoiden geschoben, sondern immer ärztlich abgeklärt werden.

    https://www.n-tv.de/wissen/Warum-Darmkrebs-immer-mehr-Juengere-trifft-article24193876.html